Der ursprüngliche Plan, ein Spiel des gerade groß aufspielenden Granada CF zu besuchen, wird schon vor der Reise von der Ansetzung zunichte gemacht: Das Spiel findet am Freitag statt, unser Flug geht aber erst Samstag früh. Mierda! Die andalusische Reisebegleitung empfiehlt uns daraufhin einen Trip nach Sevilla – der FC spielt gegen Levante UD. Muy bien! Dort angekommen, erkunden wir zunächst die größte Altstadt Spaniens. Im Viertel San Lorenzo stolpern wir über eine kleine Bar, an deren Wand wir ein Foto von Toni Polster erspähen. Der Wiener hat von 1988 bis 1991 beim Sevilla FC gespielt und dabei 55 Tore erzielt. Also genehmigen wir uns in der Polster-Bar ein kleines Bier und finden zahlreiche weitere Fußballfotos, die Wände sind damit regelrecht zugepflastert. Neben einer Einladung zu Polsters Hochzeit hängt eines vom Wirt mit Andreas Ivanschitz und sogar eines mit Bruno Pezzey, der nie in Spanien gespielt hat. Im holprigsten Spanisch fragen wir den Wirt, woher dieser Österreich-Bezug kommt. Er antwortet in gepflegtem Tirolerisch. Peter ist in den 1980er Jahren von Kufstein nach Sevilla gezogen. Dort hat er die Anima Galeria Taberna eröffnet, eine kleine, aber umso schönere Bar mit angeschlossener Galerie und Live-Musik. Schnell wird klar, dass aus dem kurzen, kleinen Bier nichts werden wird. Einige Stunden und viele Geschichten später wanken wir mit leichter Schlagseite aus dem Lokal.

Etwas angeschlagen setzen wir am nächsten Tag unsere Stadtbesichtigung fort, ehe wir uns auf den Weg zum Stadion machen. Obwohl das Estadio Ramon Sanchez-Pizjuan ziemlich zentral in einem dicht besiedelten Wohngebiet liegt und fußläufig gut erreichbar wäre, entscheiden wir uns für ein Taxi, um ausreichend Zeit zum Erkunden des Stadionumfelds zu haben. Erfreulicherweise befinden sich dort einige Lokale. Außen ist das Stadion bei der letzten Sanierung mit der mittlerweile genauso obligatorischen wie austauschbaren LED-Fassade bestückt worden, innen dürfte es sich jedoch seit der Eröffnung 1958 nicht groß verändert haben. Das Spiel ist in der ersten Halbzeit sehr ausgeglichen, in der 86. Minute gelingt der Heimmannschaft aber das letztlich verdiente 1:0 durch den kurz zuvor eingewechselten Luuk de Jong. Diesen Vorsprung lässt sie sich nicht mehr aus der Hand nehmen.

(Benjamin Kuëss)