Mit dem „Kaffeederby“ gegen den SC Neusiedl in der ersten burgenländischen Cuprunde kehrte der 2017 wieder gegründete SC Eisenstadt im August 2020 in die burgenländische Landeshauptstadt zurück. Seit 2018 hatte der Verein zuvor im Vorort Schützen am Gebirge gespielt. Der Name „Kaffeederby“ für die Begegnung der Klubs entstand, als sie zwischen 1982 und 1984 in der Bundesliga spielten. Beide hatten damals Kaffeemarken als Hauptsponsoren – der SCE spielte als SC Eduscho Eisenstadt und der NSC als SC Alvorada Neusiedl. Heute spielt der SC Eisenstadt in der Zweiten Klasse, Neusiedl in der Regionalliga.
Das Cupspiel am 8. August, für das gemäß Covid-19-Schutzkonzept 310 Zuschauer zugelassen waren, eröffnete die Eisenstädter Leichtathletikarena als neue Spielstätte des Klubs. Die Eisenstädter Marketingabteilung nennt sie die größte Leichtathletikarena des Burgenlands in der kleinsten Großstadt der Welt. Mit dem Charme der verlorenen Eisenstädter Spielstätte, dem Lindenstadion, kann sie aber nicht mithalten.
Wiener Meisterfeier
Das Lindenstadion wurde 1953 unter der schlichten Bezeichnung Landessportanlage eröffnet und später nach einem Baum, der den Bau überlebt hatte, benannt. „Die ursprüngliche Wiese oben war hängend und auf ihr standen mehrere Linden und Platanen. Wir fürchteten, dass es in der Bevölkerung Widerstand gegen unser Projekt geben könnte, wenn sie erführe, dass die alten Bäume geschlägert werden müssten“, zitiert Edgar Schütz im „Großen Buch der österreichischen Fußballstadien“ einen damaligen Sportfunktionär. „So bohrten wir sie heimlich, in der Nacht, mit Alaun an und warteten geduldig, bis sie verendeten. Nach vier bangen Wochen ließen sie endlich die Blätter hängen. Nur eine einzige Linde überlebte den Stadionbau.“
Die robuste Linde wurde in den 1990er Jahren gefällt. Heute steht eine Nachfolgerin im mittlerweile leeren Stadion vor dem villaartigen Klubhaus. Legendär wurde das Lindenstadion wegen seiner in den 1970er Jahren errichteten und kühn überdachten Tribüne, die tausende Stehplätze beherbergte. In Eisenstadt gab es damit eine terrace, wie man sie sonst in Österreich nicht kannte.
Einen Zuschauerrekord erlebte das Stadion am 25. Juni 1983. Der SK Rapid konnte mit einem Sieg beim SC Eisenstadt den zweiten Meistertitel in Folge fixieren, und im Lindenstadion drängten sich 15.000 Zuschauer, also deutlich mehr Menschen als in Eisenstadt damals lebten. Ikonisch wurden die Bilder von Hans Krankl, der mit Gipsbein in den letzten Minuten des Spiels an der Seitenlinie entlanghumpelte und mit seinen Krücken und lautstarken Rufen einen vorzeitigen Platzsturm der Wiener Fans verhinderte. Nicht alle waren von der Faninvasion in der Kleinstadt begeistert. „Verbarrikadiert Fenster und Läden! Die Rapidler kommen“, warnte die Eisenstädter Polizei im Vorfeld die Geschäfte der Innenstadt vor Ausschreitungen „Ob Rapid den Meistertitel gewinnt oder verliert, die Burschen haben in jedem Fall Grund zu randalieren.“ Die Kronen Zeitung titelte „Rapid-Fans kommen! Ganz Eisenstadt heute verbarrikadiert – Terrorangst vor Entscheidung der Fußballmeisterschaft“ und berichtete: „100 Polizisten, die Hundestaffel und Militär werden die Stadt gegen den Terror schützen.“ Mit Terror meinte die Zeitung damals mögliche Ausschreitungen, nicht etwa Anschläge.
Erfolg und Niedergang
Die Hausherren feierten ihren größten Vereinserfolg ein Jahr später, als sie sich gegen FK Pristina, FK Teplice und Vasas Budapest durchsetzten und den Mitropa-Cup gewannen. Der Bewerb hatte jedoch schon an Strahlkraft eingebüßt, finanziell war der Titel ein Verlustgeschäft, da nur einige hundert Zuschauer zu den Heimspielen kamen. Heute drängen sich auf den Tribünenstufen gar keine Zuschauer mehr, sondern es wuchern Pflanzen.
2007 wurde das Lindenstadion wegen Baufälligkeit geschlossen. Das Tribünendach wurde im Dezember 2011 abgerissen. Aufgrund der Lage am Esterhazy-Schlosspark ist das Gelände eine wertvolle Immobilie. Pläne gab es viele, von einem vollständigen Abriss und Integration in den Park bis zur Verbauung. Passiert ist bisher nichts. Zuletzt wurde das Gelände bei Musikfestivals als Campingplatz genutzt.
Zwischen 1967 und 1987 spielte der SC Eisenstadt 13-mal erstklassig, damit galt er lange als erfolgreichster burgenländischer Verein. 2018 überholte ihn der SV Mattersburg in dieser Wertung. Nach dem Ende des Profibetriebs in Mattersburg durch den Skandal um die Commerzialbank haben die Eisenstädter zumindest theoretisch Chancen, sich den Rekord zurückzuholen. Doch der Weg aus der Zweiten Klasse in die Bundesliga ist nur wenig wahrscheinlicher als eine Rückkehr ins Lindenstadion. Zumindest in der realen Welt. Im Frühjahr konnte man zur Unterstützung des Vereins während der Coronapause Karten für ein virtuelles Spiel im Lindenstadion am 1. Mai kaufen.