Es herrscht Festtagsstimmung in Guayaquil. Die Küstenstadt ist Quito als Austragungsort für das letzte WM-Qualifikationsspiel vorgezogen worden. Beide Mannschaften stehen als WM-Teilnehmer schon fest, aber vielleicht ist es heute der letzte Auftritt von Lionel Messi bei einem Pflichtspiel in Südamerika. Der Fanansturm ist groß, die Ordnungskräfte verlieren die Kontrolle über das Geschehen. Zuschauer mit Karten drücken gegen die wenigen offenen Tore. Tausende jugendliche Fans ohne Tickets nutzen die Verwirrung und klettern über die Zäune. Meine Presseakkreditierung für das Spiel ist kein Vorteil, im Gegenteil. Ich werde von einem Funktionär einfach zurückgeschickt und muss es bei einem anderen Eingang versuchen. Die freundlichen, aber völlig indisponierten Ordner schicken mich quer durch alle Ränge auf der Suche nach der Pressetribüne. Ich strande vor einer Loge, an der ein Funktionär des Heimklubs Barcelona SC einsam an einem Pokal lehnt.

Von diesem Stehplatz kann ich das Feuerwerk zu Spielbeginn und am Schluss einwandfrei verfolgen. Das Spiel selbst gibt relativ wenig her: Die Heimmannschaft ist bemüht und hat mehr Ballbesitz, die Gäste aus dem Süden aber lassen wenig zu. Nach einer Aktion über mehrere Stationen, an der auch Messi beteiligt ist, treffen sie sogar zur Führung. Danach machen die Argentinier nur mehr das Notwendigste. Der eingewechselte Altstar Enner Valencia kann in der Nachspielzeit einen Elfmeter im Nachschuss verwerten. Danach verwandelt sich der Rasen in ein Tollhaus. Ein Messi-Autogrammjäger liefert sich eine Verfolgungsjagd mit den Ordnern über das halbe Spielfeld, die Spieler Ecuadors lassen ihren argentinischen Coach Gustavo Alfaro hochleben, der eine Jubelrede hält. Dann lösen sich die Menschenmassen rasch auf, alle scheinen schnell nach Hause kommen zu wollen. Der Arbeitstag im Andenstaat beginnt früh.

(Robert Florencio)