Allein aufgrund dieses Spiels war es die richtige Entscheidung. Es war eine für den SK VÖEST, aus dem wenig später der FC Stahl geworden ist. Ich wollte kein „Landstraßler“ sein, wie man zu den LASKlern sagt, sondern ein „Koksstierler“. Der abschätzige Unterton, mit dem dieses Wort früher ausgesprochen worden ist, klingt heute noch in meinen Ohren nach.

Durch diese Entscheidung als Bub bin ich Zeuge eines Niedergangs geworden. Die verstaatlichte VÖEST hat aufgehört zu existieren. Zuerst sind tausende Beschäftigte, darunter auch mein Großvater, wegrationalisiert worden – dann mein Verein. Der Konzern hat einfach den Geldhahn zugedreht. Am Ende des Falls meines Vereins steht die sogenannte Fusion mit dem LASK, die eigentlich eine feindliche Übernahme war.

Damals im Mai 1997 haben wir nichts mehr gehabt – außer uns selbst. Unsere Trauer, unsere Wut und unseren Widerwillen, all das hinzunehmen. Diese Stimmung, eine beherzt handelnde Gruppe und ein paar glückliche Umstände haben uns wenige Monate später ein zweites Leben als FC Blau-Weiß Linz eingehaucht. Fortan sollte jeder Sieg dieses Vereins ein Sieg gegen die erlittene Ungerechtigkeit sein.

Doch eine Rechnung ist mehr als fünf Jahre lang unbeglichen geblieben. Bis zu jenem Spätsommertag 2002. Dass es sich bei diesem Match in der ersten Cuprunde sportlich um das Duell eines Regionalligisten mit einem Zweitligisten handelt, interessiert an diesem Abend niemanden. „Euer Albtraum wurde wahr, wir sind wieder da“, steht auf dem Transparent am Zaun, direkt gegenüber der VIP-Tribüne.

Der moralische Sieg steht für mich schon vor Anpfiff des 76. Derbys fest. Am Spielfeld gerät unsere Amateurtruppe, deren Kapitän Samir Hasanovic in seinem Brotjob die Fenster der schicken Shops auf der Landstraße putzt, nach einer Stunde unglücklich in Rückstand. Doch binnen weniger Minuten drehen wir die Partie dank eines Doppelschlags von Valentine Duru und Markus Hubich. Wolfgang Bubenik macht dann noch den Deckel drauf. Wir sind im Rausch, wir haben die „Landstraßler“ geputzt. „Kommt, sagt es allen Leuten, der SKV ist immer noch nicht tot“, hallt die Hymne der Untoten durch die Gugl.

Wenn ich an diesen Moment denke, kommt auch fast 20 Jahre später immer noch das Gefühl von damals zurück: die Ekstase, dem selbsternannten Krösus und seinen Trittbrettfahrern in die Suppe gespuckt zu haben.
(Robert Hummer)