Polen – Italien

14. Oktober 2018
Stadion Slaski
Zuschauer: 41.692
Resultat 0:1

Robert Lewandowski, Gerard Cieslik und Wlodzimierz Lubanski begrüßen die anreisenden Fans schon am Bahnhof von Chorzow – zumindest als Wandgemälde. Der polnische Verband hat das Werk in der oberschlesischen Stadt in Auftrag gegeben, dem lokalen Tourismus scheint es aber nicht so richtig zu helfen. Denn der Großteil der heute anwesenden Fans hat sich die Zeit vor dem Anpfiff im angrenzenden hippen Katowice vertrieben. Schnell wird klar weshalb. Das Zentrum von Chorzow wirkt menschenleer, die Restaurants sind geschlossen, die Farben an den Häuserwänden der Altbauten verblasst. Am Ende der Hauptstraße befindet sich immerhin eine Statue von Cieslik, der sich 1957 mit seinen beiden Treffern beim 2:1-Sieg über die ungeliebte Sowjetunion in die Annalen des polnischen Fußballs eingetragen hat. Weitere 178 Treffer in 249 Spielen für Ruch Chorzow haben seinen Ikonenstatus zementiert.

© Radoslaw Zak

Auch Lubanskis Karriere ist untrennbar mit dem ehemaligen Nationalstadion in Chorzow verbunden, dessen Spitzname „Hexenkessel“ auf eine malerische Metapher englischer Journalisten zurückgeht. Als England 1973 in der WM-Qualifikation vor 100.000 Zuschauern in der Industriestadt gastierte, spuckten die Schornsteine der umliegenden Fabriken dichten Rauch aus, der im Flutlicht den Anschein erweckte, von den Fans aufzusteigen. Lubanskis Karriere entwickelte sich bis zu diesem Abend ausgezeichnet, zu dem 2:0-Sieg steuerte er ein Tor bei, ehe ein Foul von Roy McFarland und ein daraus resultierender Kreuzbandriss sie für längere Zeit stoppten. Bis heute ist man in Polen davon überzeugt, dass das Nationalteam mit dem damaligen Star von Gornik Zabrze ein Jahr später Weltmeister und nicht Dritter geworden wäre.  on diesen wunderbaren Jahren ist das heutige Team weit entfernt, die Darbietungen sind nach der ver­korksten WM nicht besser geworden.

Die hohen Eintrittspreise schrecken vom Besuch ab, auf den Rängen klaffen große Lücken. Auch die Verpflegung ist über­teuert. Große Schlangen sind an keinem der zahlreichen Essens- und Bierstände zu erblicken, Stimmung kommt im Oval nur selten auf. Einzig Goalie Wojciech Szczesny, der seine Mannschaft mit seinen Paraden vor einem 0:4-Pausenstand bewahrt, verdient sich Applaus. Als sich alle mit einem sehr glücklichen Remis anfreunden, gehen die Italiener kurz vor dem Schlusspfiff in Führung. Polen steht als erster Absteiger in der Nations League fest. Lewandowski fällt ausschließlich durch sein Lamento auf. So ganz hat er sich den Platz im Chorzower Wandgemälde noch nicht verdient.

(Radoslaw Zak)